Von Tim O. Sander 

Was bedeutet Immersion?

Immersion bedeutet «Eintauchen» oder «Sprachenbad». Die Kinder lernen also eine Sprache nicht auf herkömmliche Weise, sondern erleben sie im schulischen Alltag. Die Fremdsprache wird für sie zur Arbeits- und Umgebungssprache und wird immer mit Handlungen, Themen und Inhalten verknüpft, die für sie bedeutungsvoll und interessant sind.

Mit Immersion erschließen sich Kinder eine Fremdsprache Stück für Stück aus dem Zusammenhang, wobei jedes Kind sein eigenes Tempo hat.

Welchen Immersions-ansatz verfolgen wir?

Das Deutschkonzept an der Goethe-Schule besteht aus zwei aufeinander aufbauenden, immersiv ausgerichteten Programmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Kindergarten («Goethe-Immersion») und Primaria (CLILiG-Konzept EP 1-3 und TeilImmersion ab EP4 2021) sowie, sich daran anschließend, der späten Teil-Immersion mit einem hohen Anteil an sprachsensiblen Fachunterricht in der Secundaria.

Teil-Immersion bedeutet, dass nicht der gesamte Unterricht in der Zielsprache
Deutsch unterrichtet wird, aber ein sehr hoher Anteil. Die Abkürzung «CLILiG»
steht für Content and language integrated learning in German, also inhaltsund sprachintegriertes Lernen auf Deutsch. Zudem unterrichten wir ab der Zweijährigengruppe des Kindergartens in sprachheterogenen Gruppen, d.h., nicht mehr getrennt nach Muttersprachlern und Fremdsprachlern. Damit tragen wir nicht nur der wachsenden Realität von immer weniger deutschen Muttersprachlern Rechnung, sondern wollen auch ein größtmögliches Maß an Einheitlichkeit beim Spracherwerb erreichen. Bis Ende der dritten Klasse der Grundschule wird im Team-Teaching-Verfahren unterrichtet, um die Kinder intensiver und individueller betreuen zu können. Danach wenden unserer Lehrkräfte unterschiedliche Modelle der äußeren und inneren Differenzierung im Sinne der flexiblen Pädagogiken an. Beraten werden wir von Dr. Anja Steinlen von der Universität Erlangen-Nürnberg, einer der führenden Immersions-Expertinnen im deutschsprachigen Raum.

Warum machen wir Immersion an der Goethe-Schule?

Die Goethe-Schule hat sich mit dem Projekt «DIA 2029» das Ziel gesetzt, dass
ein möglichst hoher Prozentsatz ihrer Schülerschaft erfolgreich das Deutsche Internationale Abitur (DIA) ablegt. Durch das abteilungsübergreifende, auf Immersion basierende Deutschkonzept wollen wir die sprachlichen Voraussetzungen für den Erwerb des DIA schaffen, denn frühe Immersion gilt heutzutage als das weltweit erfolgreichste und am gründlichsten erforschte Sprachlehr- und -lernverfahren.

Was muss ich sonst noch wissen?

  • Wie beim muttersprachlichen Spracherwerb prägen die Kinder zunächst die passiven Kompetenzen aus, also vor allem das Zuhören und Nachvollziehen von Handlungen. Es ist vollkommen normal, dass sie die neue Sprache am Anfang noch eher wenig sprechen, wobei sich das von Kind zu Kind auch unterscheiden kann.
  • Fehler gehören – wie in der Muttersprache – ebenfalls zum Spracherwerbsprozess hinzu; Kinder entwickeln sogar sogenannten Interimssprachen, d.h., sie mischen die Fremd- mit der Muttersprache oder verwenden eine zeitlang lexikalisch und grammatisch nicht ganz korrekte Ausdrücke und Satzmuster.
  • Entscheidend ist der möglichst gleichbleibende, qualitativ hohe sprachliche Input über einen möglichst langen Zeitraum: vom Anfang des Kindergartens bis weit in die Grundschulzeit hinein.
  • Als Eltern müssen Sie die Zielsprache Deutsch nicht beherrschen, aber Sie sollten eine positive Einstellung zum bilingualen Spracherwerb ihres Kindes zeigen, die häusliche Kommunikation stets aktiv anregen und mit Ihrem Kind singen und ihm vorlesen.

Und während des Fernunterrichts?

Der virtuelle Unterricht stellt eine so bisher nie dagewesene, weltweite Ausnahmesituation dar, zu der es weder Erfahrungswerte noch Forschungsergebnisse gibt. Klar ist, dass Schülerinnen und Schüler, die zu Hause nicht in einem deutschsprachigen Umfeld aufwachsen, momentan einen Nachteil gegenüber Kindern aus Familien haben, die Deutsch sprechen, trotz der Maßnahmen, die wir treffen.Experten sind sich aber weitgehend darin einig, dass vor allem junge Kinder im Kindergarten- und frühen Grundschulalter diesen Verlust an intensivem sprachlichen Input schnell wieder aufholen können, sobald sie in den Präsenzunterricht zurückkehren.

Rein spanischsprachige Familien können aber auch jetzt ihr Kind unterstützen, damit der spätere Aufholprozess noch besser gelingen kann:

  • Sorgen Sie dafür, dass ihr Kind so viele synchrone und asynchrone Angebote der Schule wie möglich wahrnimmt, damit die visuellen und auditiven Stimuli konstant bleiben.
  • Deutschsprachige Lieder, Videos und Podcasts mit Geschichten können nicht nur in der Unterrichtszeit, sondern auch beim freien Spiel gehört werden. Sie werden auch unterbewusst wahrgenommen!
  • Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen Audios und Videos bieten: sie lassen sich immer wieder abspielen.
  • Regen Sie Ihr Kind zum Mitsingen und Nachsprechen an – und gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Keine Angst vor Fehlern! Ihr Kind wird Sie schon verbessern!
  • Sorgen Sie für ein kommunikatives Umfeld – je mehr sie mit Ihrem Kind auch in seiner Muttersprache sprechen, ihm vorlesen und Erlebtes reflektieren, umso mehr regen Sie das Gehirn zur Sprachentwicklung an.