Von Katrin Möbius, Fachschaftsleitung Geschichte

Geschichtsunterricht beschäftigt sich traditionell mit großen Männern, großen Zahlen und großen Kriegen. Diese sollen meistens zum Leidwesen der Schüler auswendig gelernt werden um dann einen historischen Text interpretieren zu können.

Ganz andere und modernere Wege hat die Klasse ES5A in diesem Schuljahr eingeschlagen, denn sie haben sich im Geschichtsunterricht an einem ganz neuen und modernen historischem Ansatz ausprobiert -der Analyse historischer Medienquellen.

Alte Filme sind historische Quellen, genau wie alte Bücher oder alte Münzen. Die Schüler der ES5A sind dabei neue Wege der Quelleninterpretation gegangen und haben Maßstäbe der modernen Medienwissenschaft mit der klassischen Arbeit in der Geschichte verknüpft.

Sie untersuchten und bearbeiteten den noch in schwarz/weiß gedrehten Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahr 1930. Dieser Film ist medienhistorisch einer der bedeutendsten Filme des 20. Jahrhunderts und stand im Mittelpunkt der wichtigsten historisch-politischen Auseinandersetzungen der Zwischenkriegszeit. Anknüpfend an den weltberühmten Roman von Erich Maria Remarque, zeigt der Film das Leben des Gymnasiasten Paul Bäumers, der sich begeistert im ersten Weltkrieg an die Front meldet und schließlich kurz vor Kriegsende dort fällt. Aufgabe der Schüler war es einzelne Szenen und filmische Motive zu untersuchen und zu interpretieren, dabei lernten sie wie sich die Schnitttechnik, der Ton, die Kulissen aber auch die Beleuchtung auf den Zuschauer auswirken und ihn im Sehen beeinflussen und dabei die historische Quelle prägen.

Die Schüler haben dabei ganz wichtige Befunde erarbeitet:

Die Arbeitsgruppe der Schülerinnen Tiziana, Carolina und Katrin konnten herausarbeiten, dass die aggressive Körpersprache der Soldaten beim Essen ihrer mageren Rationen für die Zuschauer das Gefühl des Hungers an der Front schmerzhaft lebendig werden ließ.

In der Arbeitsgruppe der Schüler/innen Mila, Delfina und Federico stand das Thema des Nationalismus im Mittelpunkt. Sie untersuchten die Schlüsselszene, in der der Lehrer Paul Bäumers seine gesamte Schulklasse durch eine fanatische Rede dazu bringt, die Schule abzubrechen und sich geschlossen, freiwillig in den Krieg zu melden.

Der Befund der Gruppe war, dass die Nahaufnahmen der Gesichts- und Mundpartie des Gymnasiallehrers den nationalistischen Druck, der auf Paul Bäumer lastet, für den Zuschauer spürbar machen.

Niko und Tomás erarbeiteten in einem eigenen aufwändigen Erklärvideo die filmische Darstellung des Kriegsschocks. Innerhalb des Unterrichts entstanden mehrfach in der Klasse gewinnbringende Diskussionen um die Darstellung und die Auswirkung von Gewalt. Emilia, Martina und Olivia lieferten mit ihrer Präsentation zum Thema Tod und Sterben an der Front sehr wichtige Diskussionsansätze, die weit über den Filminhalt hinaus gingen und in der allgemein-philosophischen Frage mündeten: „Ist das Massensterben weniger schlimm als das Einzelsterben?“

Die intensive Arbeit der Schüler, ihr großes Engagement für das Thema und die interessanten Diskussionen haben auch mir als Lehrerin viel Spaß gemacht und ich freue mich schon auf weitere Projekte in der Oberstufe.